Hier möchte ich nun meine wahre Geschichte vom letzten Mal fortführen. Was bereits da war, bevor ich mir überhaupt Gedanken über Versicherungen oder Altersvorsorge gemacht habe, konntest du im letzten Beitrag dieser Reihe bereits erfahren. Jetzt geht es um meine ersten eigenen Erfahrungen. Dieser Artikel ist verdammt
Spoiler Alarm: Ich habe mittlerweile eine extreme Abneigung gegenüber Versicherungsmaklern, die sich “Vermögensberater” nennen. Gleichzeitig wirbt man mit Sprüchen wie “Wir ermöglichen dir finanzielle Freiheit” oder so ähnlich… Ich mag hier keine Werbesprüche klauen, sonst nimmt man mir das nachher noch übel. Was ich auf jeden Fall übel nehme sind die falschen Versprechungen die man mir gemacht hat, um sich ausschließlich selbst mit Provisionen, die wir am Ende bezahlen, die finanzielle Freiheit zu ermöglichen.
In fast allen Fällen verdient bei einer kostenlosen Beratung der Versicherungsvertreter oder Makler über die Provision der Versicherungen. Selbst wenn es ein “unabhängiger” Versicherungsmakler ist, wirtschaften die Meisten doch in die eigene Tasche. Man wird dir das Produkt verkaufen, worüber man selber die höchste Provision kassieren kann, nicht das, was am besten zu dir passen würde. Ohnehin sind Versicherungen im Bereich Altersvorsorge nur dann sinnvoll, wenn man eine feste garantiert (niedrige) Rente bekommen will. Für die finanzielle Freiheit bringt das nicht besonders viel, zumal du trotzdem bis 67 arbeiten musst. Versicherungen sind meistens unflexibel und teuer. Informiere dich bevor du so etwas abschließt, lass dich unabhängig beraten und schaue dir (gerne hier) die möglichen Alternativen an.
Nun aber endlich zum eigentlichen Thema – Was habe ich für Erfahrungen mit Vermögensberatern bzw. Versicherungsmaklern, und wo ist da eigentlich der Unterschied?
Von Versicherungsmaklern ließt man relativ wenig. Fakt ist: Check24 (möglicherweise unbezahlte Werbung) ist ein Versicherungsmakler. Man bietet kostenfrei den Service an, verschiedene Versicherungen online zu vergleichen. Soweit ich es richtig verstanden habe, ist auch ein telefonischer Service mittlerweile möglich. – Grundsätzlich wird Check24 dann von den Versicherungsgesellschaften über eine Abschlussprovision bezahlt. Bei manchen Sachversicherungen kann es auch eine regelmäßige Provision sein. Bei der Altersvorsorge ist es jedoch meistens eine Einmalzahlung.
Versicherungsmakler klingt doch schon so, als würde man etwas verkaufen wollen… Daher sind viele Gesellschaften sehr kreativ, was die Namensgebung angeht. Manche nennen sich z.B. “Vermögensberater”. Der Unterschied ist in diesem Fall also einfach nur ein anderer Name.
Zunächst wurde ich im Jahr 2015/16 von einem Freund angesprochen, er mache da grade was mit Versicherungen und Finanzen, lernt jedoch noch, und würde gern an mir unverbindlich sein Auftreten und seine Strategie üben. Ich dachte mir nichts böses dabei, vor allem ist er ja mein Freund, er wird sicher am Ende ehrlich zu mir sein und mir genau sagen was ich brauche, und was nicht.
Ich habe mir das ganze angehört, seine tollen farbenfrohen Fragebögen ausgefüllt, und ihm Zeit zur Bearbeitung gegeben.
Zwei Wochen später kam er dann mit einem Konzept und bereits einigen für die Unterschrift vorbereiteten Verträgen auf mich zu. Ich habe ihm ja genau gesagt, was am Ende des Monats bei mir übrig bleibt, was ich sparen könnte, also hat er sich genau innerhalb dieses Rahmens bewegt und mir ein perfekt auf mich zugeschnittenes Konzept überlegt.
Dieses Bestand aus:
- Privathaftpflichtversicherung
- Rechtsschutzversicherung
- KFZ-Versicherung (günstiger als meine bisherige)
- Unfallversicherung
- Anwartschaft auf Hausrat- und Glas-Versicherung
- Riester-Rentenversicherung
- Private zusätzliche Rentenversicherung
Er hat mir direkt dazu geraten, meine alten bestehenden Versicherungen (Privathaftpflicht, KFZ und Rentenversicherung) zu kündigen. Er würde das auch direkt für mich erledigen, er bräuchte nur hier und hier noch eine Unterschrift. Man würde sich dann um alles kümmern, dass die Versicherungen ineinander übergehen. Er sorge dafür, dass ich keinen Monat zu viel bezahle, aber auch nicht ohne Versicherung dastehe.
Ich wollte das alles jedoch erstmal nicht glauben, ich wollte mehr darüber erfahren und fühlte mich etwas überrumpelt. Er versicherte mir, seine möglichen Rabattierungen für mich vollständig ausgeschöpft zu haben, sodass ich auf jeden Fall den besten und günstigsten Tarif am Markt haben würde. Ich müsste mir um nichts mehr Gedanken machen, weil ich damit für die Rente perfekt vorbereitet wäre. Wenn ich später mal mehr Geld verdiene, könnte ich auch mehr sparen. Dann würde sich automatisch auch die Rente erhöhen. Das ganze wäre total flexibel und unkompliziert, es ist jedoch wichtig, dass ich es jetzt abschließe. So ein Angebot könnte ich woanders nirgendwo bekommen.
Da er jedoch meine Skepsis bemerkt hat, und ich gebeten habe eine Nacht darüber zu schlafen, hat er scheinbar direkt seinen im Strukturvertrieb übergeordneten Teamleiter (oder so ähnlich) informiert, er müsste doch nochmal einen Termin mit mir machen. Ich habe mich nämlich zunächst bei ihm nicht mehr gemeldet, da ich mir nicht sicher war, eine so große Entscheidung mal eben so alleine zu treffen. Andererseits war er mein Freund, er würde mich schon nicht verarschen. Außerdem kann ich ihn auch nicht hängen lassen. – Ich habe also dem Termin mit seinem Teamleiter und bereits voll ausgebildeten Versicherungsfachmann angenommen. Er würde mir das schon erklären, vielleicht noch die Konditionen verbessern, später würde ich dann unterschreiben und doch einen guten Vertrag besitzen.
Ich habe ihn hier bewusst Versicherungsfachmann genannt, nicht Versicherungsmakler. Auch wenn speziell diese Agentur mit Unabhängigkeit wirbt, ist es absolut nicht so. Man ist hier an einen einzigen Anbieter gebunden, teilt es nur den Kunden nicht so mit. Warum das so wichtig für meine Geschichte ist, erfährst du später bei meinen Erfahrungen die ich im Jahr 2019 gemacht habe.
Da war also nun der Termin, am späten Nachmittag, im schicken Büro dieser Agentur. Man erwartete mich bereits und hatte alle Unterlagen vorbereitet. Zudem hatte der Teamleiter bereits die Verträge angepasst und mir noch 2-3% mehr Rabatt eingeräumt. Das sogar bevor ich danach gefragt habe!
Man hat mir nochmal detailliert erklärt wie wichtig diese Verträge sind – auch über eine Berufsunfähigkeitsversicherung haben wir gesprochen, da habe ich mich jedoch anfänglich gegen entschieden. Ob das für dich Sinn macht oder nicht, werde ich in einem anderen Beitrag noch erläutern.
Irgendwie hatte ich in diesem Gespräch ein komisches Gefühl. Dennoch schaffen diese perfekten Verkäufer irgendwie dich in eine Lage zu versetzen, in der du einfach unterschreiben musst. Das Problem ist nämlich, dass man dich mit ein paar Tricks so in die Ecke drängt, dass du dem Makler oder Vertreter dafür danken möchtest, bzw. willst, dass er auch bezahlt wird. Der arme Kerl lebt doch nur von ein bisschen Provision, du musst ihn ja nichtmal bezahlen. Außerdem sind die Verträge bereits perfekt auf mich abgestimmt. Da muss ich dann wohl unterschreiben. Genau das habe ich dann auch getan, ohne genau die Verträge gelesen zu haben. Schließlich hat man mir ja bereits die Details erklärt, und etwas besseres würde ich woanders ohnehin nicht finden. So lebte ich zunächst mit diesen Versicherungen, hatte sogar in dieser Zeit drei Versicherungsfälle die einwandfrei beglichen wurden. Grundsätzlich waren diese Versicherungen also sinnvoll, vor allem die Sachversicherungen (ich war derweil in eine eigene Wohnung gefunden, wodurch die Hausrat automatisch begann), sowie die Rechtsschutzversicherung hatten sich in meinem Fall als äußerst profitabel (für mich) erwiesen. Leider war das mit dem Kündigen der Altverträge nur heiße Luft. Der Übergang der KFZ funktionierte einwandfrei, jedoch gab es ein wenig Probleme mit der Haftpflicht sowie der Rentenversicherung beim Altversicherer. Ich habe ein ganzes Jahr zwei Haftpflichtversicherungen bezahlt. Als ich den neuen Versicherer darauf hingewiesen hatte, meinte er, ich wäre ja in der Pflicht gewesen zu kündigen. – Das alte Versprechen war also wertlos.
Die Rentenversicherung habe ich, wie bereits erwähnt, bis heute.
Es kam nun der Tag, an dem ich erneut angesprochen wurde. Ein alter Bekannter aus der Schule meldete sich:
Heey Stefan, lange nichts von dir gehört. Wie geht es dir, ich höre du bist in der IT tätig, mega interessant. Schade, dass man sich nach der Schule so aus den Augen verloren hat, lass uns doch mal ein Bier trinken oder eine Runde Billard spielen.
Erstmal: Respekt. Er hat mein Facebook oder Xing Profil gecheckt, und gesehen wo ich als was arbeite. Als Nächstes hat er auf Instagram geschaut, und gesehen, dass ich ab und an gerne Billard spiele. Gute Vorbereitung ist alles. Vor allem: ich wusste nicht was er macht, also habe ich natürlich gefragt. Schließlich hat er sich auch für meinen Job interessiert. Er war etwas geheimnisvoll im Chat, sagte nur er mache was mit Finanzen, arbeitet sich da grade rein, weil er auch von einer Versicherung verarscht wurde, die ihm Verträge angedreht hat die er nicht braucht. Gut, dachte ich, Triff dich mit ihm, vielleicht kann eine zweite Meinung gar nicht schaden, so bin ich dann während unserem Treffen beim Billard spielen auf ihn zugegangen und habe ihn gefragt, was er denn so von meiner Versicherung und den dortigen Verträgen hält. Er hat sich sofort bedeckt gehalten und gesagt, er könne das so pauschal nicht sagen, er müsse sich das genauer angucken. Würde er aber als Freund für mich tun, ich hätte ja nichts zu verlieren. Genau das dachte ich auch. Also brachte ich ihm beim nächsten Treffen meinen Ordner mit den gesammelten Werken vorbei. Es dauerte nicht lang, da meldete er sich und sendete mir eine Adresse, wo ich mal vorbei kommen sollte, wir können da in Ruhe über meine Verträge sprechen.
Da war ich also wieder, in einem dieser schicken, jungen, modernen Büros, in dem nur hochmotivierte und überschwänglich freundliche Menschen rumlaufen. Allesamt in Anzügen. Mein Kumpel ebenfalls im Anzug, wo wir uns doch zuvor noch in Pullover und Jeans getroffen hatten. Kurzum: ich fühlte mich scheisse. Ja, so richtig! Ich saß dort, zwischen jungen, dynamischen und scheinbar überaus erfolgreichen Anzugträgern, die den Anschein machten, mein Jahresbrutto in 2 Monaten zu verdienen… In einem T-Shirt und einer Jeans. Das ist als würdest du als einziger unverkleidet auf eine Halloween Party gehen, oder besser noch: als einziger verkleideter, während sich alle anderen nicht verkleidet haben. Klasse.
Das Gespräch führte dann weniger mein Kumpel, der ohnehin einige Minuten zu spät war, sondern eher sein Teamleiter. Die Situation kam mir bekannt vor, ich war skeptisch und fühlte mich verarscht. Man stellte mir auch hier die Fragen, wie viel ich verdiene, wie viel ich ausgebe und wofür, und wie viel ich sparen könnte. Man würde mir den perfekten Plan für mittel- und kurzfristiges Sparen, sowie die Altersvorsorge machen. Man wüsste ja, die Firma dessen Name auf meinem Ordner steht, hätte das gleiche erzählt. Die sind aber schlecht, weil sie an nur eine Gesellschaft gebunden sind. Man wäre ja selbst viel besser, weil man eben unabhängig ist und mit allerhand Versicherungen und Dienstleistern zusammenarbeitet. Genau deswegen würde man diese andere Firma “völlig auseinander nehmen”. Jeder Versicherer hat viele “scheiß” Produkte und nur ein gutes. Man würde nun für mich ausschließlich die besten Produkte von jedem Versicherer auswählen.
Man zeichnete mir das typische Haus mit den 3 Ebenen auf, mit den Vermögenswerten und Prioritäten. Das war sie also, meine zweite Meinung. Ich war unzufrieden, das merkte man mir auch an. Mein Kumpel ging zwischendurch kurz raus, er hatte wohl noch eine Frage an den Repräsentanzleiter.
Dieser kam später kurz rein, und machte einen Witz über das extrem warme Wetter an diesem Tag. Ich sprang auf den Zug auf, und sagte ihm, in seinem Glas-Büro würden nur noch die Saunasteine fehlen, ich bringe dann den Aufguss mit.
Später kam ein zweiter Termin dazu, in dem wir auch beim ersten Versicherer nun Verträge besprochen haben, die ich unterschreiben sollte. Das tat ich erstmal nicht, ich wollte es erstmal mit nach Hause nehmen und mir ansehen. Ehrlich gesagt, wollte ich einfach die Verträge in die Papiertonne werfen und mich nicht mehr melden. Ich hab doch alles. Ich will es nicht ändern. Zumal hier der Fokus eher auf Altersvorsorge lag. Später verstand ich warum: Dafür fallen die Provisionen deutlich höher aus.
Ich habe mich also zunächst nicht mehr gemeldet. Ich wollte einfach nur Abstand davon nehmen und so weitermachen wie bisher. Nun kam jedoch der absolute Knaller. Es war Samstag Abend und ich bekam plötzlich einen Anruf von einer mir unbekannten Nummer. – Es war der Repräsentanzleiter. Er sagte mir, ich hätte bei ihm Eindruck hinterlassen und er würde sich gern nochmal mit mir treffen. Unabhängig von meinen Verträgen, er hätte gemerkt, wie skeptisch ich bin, und dass ich bereits selber ein wenig recherchiert habe. Er war sehr aufmerksam und versprach mir, das wäre alles völlig unverbindlich. Ich könnte gut reden, gut mit Menschen umgehen, und er könnte sich mich als seinen Nachfolger vorstellen.
Das hatte natürlich auch bei mir Interesse geweckt. Wer möchte nicht gern der Nachfolger eines so erfolgreich wirkenden jungen Mannes sein? Er fährt zwei schicke und teure Autos, die ich mir nicht leisten könnte, wohnt in einer tollen ruhigen Gegend, hat dort ein Haus gekauft und ist zudem sogar noch ein Jahr jünger als ich! Was mache ich falsch? Ich muss es versuchen. Verlieren kann ich dabei ja nichts. Vielleicht lernt man sogar noch was fürs leben. – Ja, das habe ich absolut.
Ich fuhr also erneut zu seinem Büro. Wir unterhielten uns bei einer Tasse Kaffe, welche Chancen und welches Potenzial ich hätte, was ich verpassen würde, wenn ich es nicht versuche. Er lud mich zu einer Party ein, in seinem Büro, um dort neue Kontakte zu knüpfen. Anschließend bekam ich eine Reihe an Präsenzterminen, zu denen ich im Büro sein sollte. Der Teamleiter sprach mich später an und überredete mich zu einem Trainee-Seminar. Dort würde ich lernen, wie ich meine Einstellung an die Kunden anpasse, um besser zu verkaufen und mehr Geld zu verdienen. Diese zwei Personen hatten es also in kürzester Zeit geschafft, mich mit meinem rein ökonomischen Drang zu locken – Geld zu verdienen. Wer möchte nicht gern reich und finanziell frei sein?
Ich nahm also an einigen Präsenzterminen, Team-Meetings, Persönlichkeitsabenden und dieser Party teil.
Hier waren ca. 25-30 junge Leute anwesend. Teilweise arbeiteten sie schon für diese Agentur, teilweise sollten sie frisch angeworben werden. Ein DJ mit lauter Musik, zwei Beerpong-Tische, generell eine gute Menge Alkohol, und wieder: teure Klamotten. Diesmal war ich vorbereitet. Ich war zwar nicht im Anzug, jedoch in einer schwarzen Jeans und schickem Hemd. Das passte zum restlichen Kleiderstil – auch Anzugträger haben anscheinend ein zweites Fach im Kleiderschrank. Ich fühlte mich insgesamt ganz Wohl dort, hatte inzwischen meine erste Runde Beerpong knapp gewonnen, und neue Kontakte geknüpft. Er hatte mit einem Recht – ich kann ganz gut Kontakte knüpfen, ich müsste es lediglich verfeinern. Dafür war doch das spätere Trainee-Seminar geplant. Irgendwann ging ich runter zum Auto, schlief ein paar Stunden im Auto und fuhr nach Hause.
Eine Woche später, an einem Samstag bei ca. 30 Grad und Sonnenschein war ein weiterer Termin im Büro. Ich hätte mir auch etwas schöneres vorstellen können, als dort zu schwitzen, doch ich wollte ja erfolgreich werden. Damit hatte man mich schließlich geködert.
Nach einer kurzen Team-Besprechung zu der ich außer passivem Zuhören nichts beitragen konnte, begann eine Art Wettbewerb im “terminieren”. Man ging sein Telefonbuch im Handy durch und versuchte so viele Personen wie möglich dazu zu bringen, ein sogenanntes “S1” mit einem potenziellen Kunden zu bekommen. Der Termin musste möglichst zeitnah sein. Da stand ich also als einziger, der selber noch nie ein “S1” oder generell ein Kundengespräch geführt hat. Ich war außerdem der Einzige, der noch nicht beim Trainee-Seminar war. Ich war etwas sauer, dass man mich zu so einem Termin geladen hatte, schließlich musste ich jedes mal ca. 30km mit dem Auto zu dem Büro fahren. Mein Kumpel köderte mich mit dem Ziel, bald in Heinsberg ein eigenes Büro zu eröffnen. Es gäbe da noch nichts, und da wären massig junge Kunden die noch alle eine Altersvorsorge bräuchten. Ich wurde also aufgefordert, es doch einfach auch mal zu versuchen. Mein Ehrgeiz wurde schnell geweckt, man hatte bereits völlig durchschaut wie man mich motiviert.
Ich fing also an mein Telefonbuch zu durchforsten. Enge Freunde wüssten zu genau was man macht, daher eher entfernte/alte Freunde, mit denen man länger keinen Kontakt hatte. Ich hatte einen gefunden und rief an. Ich fing an mit dem selben Gesprächsthema wie mein Kumpel der mich gelockt hatte. Hatte ihn darauf angesprochen, was er so macht, dass ich das interessant finde, usw. Dumm nur: Er hätte an diesem Tag Geburtstag – das hatte ich übersehen. Er wartet also die ganze Zeit darauf, dass ich ihm zu Geburtstag gratulierte, er dachte ich würde ihn vielleicht verarschen wollen. Irgendwann würgte er mich dann ab: “Sorry Stefan, aber ich habe heute Geburtstag und würde gern den Tag noch etwas genießen, ich finde es schade, dass ein Freund mich mit sowas an meinem Geburtstag belästigt.” – Aufgelegt.
Der Tag war für mich gelaufen. Ich schämte mich, wie ich genau auf sowas reinfallen konnte. War es vielleicht doch bloß für die beiden “großen”, den Teamleiter und Repräsentanzleiter eine Masche, den Kundenkreis zu erweitern? Man sagte ja immer, mit dem Bekanntenkreis fängt man an und vergrößert sich, mit deren Bekannten, usw. Man wollte mir also eigentlich nur mein Adressbuch klauen, und selber reich werden. In diesem Unternehmen läuft es nämlich so:
Erziele ich als “Trainee” oder ggf. später “Junior-Berater” einen Abschluss, verdienen die großen extrem daran mit. Alle, die in der Kette über mir sind verdienen (teilweise deutlich mehr als ich) an jedem Abschluss. Erneut versuchte man mich zu locken:
Du musst nur daran arbeiten, in dieser Kette weiter nach oben zu kommen. Stell dir vor du gewinnst nur 4 neue Vertriebspartner. Von denen werben nur zwei Leute wieder zwei neue Vertriebspartner. Deren Umsätze fließen mit in dein Konto und du kannst schnell aufsteigen. Wenn du dann die 5. oder 6. Stufe erreicht hast, kannst du dich fast zurücklegen und das Geld kommt von alleine.
Ich äußerte dennoch meine Skepsis und fuhr nach hause. Bei meinem entfernten Freund dessen Geburtstag ich vergessen hatte konnte ich mich nie mehr melden.
An dieser Stelle: Markus, es tut mir leid. Ich habe mein Lektion gelernt. Das war eine scheiß Idee, auf diese Menschen zu hören. Auch wenn ich dich als Freund verloren habe, motiviert es mich nun, anderen ein solches Erlebnis zu ersparen.
Eine Woche später war das Trainee-Seminar. Es war nicht so gutes Wetter, wir trafen uns vor der Wohnung des Teamleiters, der sich um über 15 Minuten verspätete. Macht schon kein gutes Bild. Wir fuhren zu einem schicken Hotel, dessen Konferenzräume wir nutzten. Jeder Teilnehmer musste selbst 50€ zahlen. Natürlich nur als Unkostenbeitrag für die Konferenzräume und das Essen, welches es in der Mittagspause in einer Kantine gab.
In diesem Seminar lernten wir zunächst ganz hohe Tiere der Nahrungskette kennen. Man lockte uns damit – Später müsse man selber keine Kunden mehr bedienen. Man hätte bereits mehrere Millionen damit verdient, einfach nur seine Vertriebspartner die Arbeit machen zu lassen. Ab und an muss man sich mal um ein paar Rückfragen kümmern, das war es dann auch schon. Man wäre mit Mitte 30 finanziell frei und könne sich zurücklegen. – Das war der Motivationsboost den alle gebraucht hatten.
Später lernten wir den Umgang mit Kunden. Körpersprache, Anpassungsfähigkeit und vor allem: Mit Skepsis und Ablehnung umgehen und das Gespräch dahin zu lenken, dass das Gegenüber dennoch Interesse entwickelt und ein Erstgespräch wahrnimmt. Das wurde später auch in Gruppen geübt. Ich war ganz gut im Reden, konnte meine Gesprächspartner meistens überzeugen. Das lag jedoch auch daran, dass es nur ein Test war. Die Jungs können gern heute nochmal zu mir kommen und versuchen, mich zu überzeugen. Der Zug ist abgefahren.
Dennoch wuchs – gemeinsam mit dem Drang nach dem schnellen Geld – auch meine Skepsis an der ganzen Sache. Eigentlich war es doch nur ein Schneeballsystem, bei dem es darum Ging möglichst viel zu verkaufen bzw. untergeordnete Vertriebler zu werben, die Umsätze generieren. Je höher die Stufe, desto höher die eigene Provision. Das ganze war jedoch auch irgendwie interessant und lukrativ. Es war genau das was ich wollte: wenig Arbeit, freie Arbeitszeiten, viel Geld.
Nach dem Seminar fuhr ich noch mit ins Büro. Ich sollte nun meine Verträge unterschreiben. Mir war nicht wohl dabei, aber man sagte mir man würde alles besser machen. Man würde nun dafür sorgen, dass ich, als angehender Vertriebspartner ohnehin bessere Konditionen bekäme, und hat mir noch einen zusätzlichen Vertrag für eine Altersvorsorge vorgelegt. Diesen sollte ich zunächst nur mit 25€ bespannen, später dann erhöhen, wenn ich hohe Einnahmen durch die Tätigkeit dort erziele. Irgendwie hat er mit seinem Enthusiasmus und seiner Art zu reden es geschafft, mich erneut einzuwickeln. Da ich noch über 1 Jahr an den alten Versicherer gebunden war, was die Sachversicherungen angeht, hat man sich bei mir nur auf Altersvorsorge beschränkt.
Ich hatte zwar nun bereits die Verträge unterschrieben, jedoch wuchs nun meine Skepsis gegenüber dieses Konzeptes. Ich wurde doch nur benutzt, um mehr Umsätze zu generieren. Ich hörte von immer mehr Personen, die in dieser Branche gescheitert waren – jedes Mal genau dann, wenn man fertig war, den eigenen Freundeskreis abzugrasen. Ich setzte mir also nun ein Ziel: Bevor ich wirklich in die Teilselbstständigkeit in diesem Bereich gehe, und versuche dort Vertragsabschlüsse zu erzielen, will ich genau wissen was ich da verkaufe. Ich meldete mich also zunächst bei einem Honroarberater für Versicherungen/Altersvorsorge, der Verträge prüft und genau erklärt, welche Vor- und Nachteile welcher Vertrag hat. Anschließend machte ich mich mit den neu gewonnenen Informationen auf den Weg zur Verbraucherzentrale – Ich fühle mich nämlich verarscht.
Meine erste Rentenversicherung, die meine Eltern abgeschlossen hatten, hatte eine hohe Garantieverzinsung. Gut als Sicherheitsanker. Die anderen Verträge beim zweiten Versicherer aus 2015/16 waren relativ flexibel und hätten lediglich angepasst werden müssen. Die Kosten waren bereits bezahlt. Die Verträge jetzt aufzulösen machte also insofern keinen Sinn, dass ich die bereits bezahlten Gebühren umsonst bezahlt habe. Stattdessen musste ich noch für die DREI neuen Altersvorsorgen jeweils neue Kosten tragen. Es ist wie am Aktienmarkt: “Hin und her macht Taschen leer.”
Selbst wenn die neuen Verträge minimal mehr Rendite erzielen würden, machen die neuen Abschluss und Vertragskosten das ganze wieder rückgängig.
Der Honorarberater sagte mir: “Man hätte dir einfach raten sollen, die Altverträge anzupassen – dann wärst du unter Berücksichtigung der Kosten für die Neuverträge am Ende besser aufgestellt gewesen.” – Vielen Dank, das habe ich mich schon gedacht.
Gleichzeitig hatte er mich jedoch darauf hingewiesen, dass ich mit einer leicht erhöhten Rente mit 67 immer noch nicht finanziell frei bin – er fragte mich, dann ich finanziell frei sein möchte. Mit 67, oder vielleicht doch ein paar Jahre früher?
Das war der Startschuss für meine Recherchen zum Thema Aktien und selbstorganisierter Altersvorsorge. Ich bildete mich weiter und fing an, das ganze zu verstehen. Ich verstand auch immer mehr die Kennzahlen meiner Versicherungen. Ich war allerdings noch nicht sicher, was ich nun mit so vielen Versicherungen machen sollte. Es musste eine Entscheidung her.
Die Versprochene Übernahme des Guthabens aus der alten Riester-Rente hatte immer noch nicht funktioniert. Auf die Kollegen, die mich 2019 angesprochen hatten war ich stinksauer. Ich wusste also genau was ich tun wollte. – Alles zurückspulen auf die Situation vor 2019.
Ich habe alle Verträge die ich 2019 abgeschlossen habe gekündigt, teilweise sogar mit dem Grund der Falschberatung. Von zwei Versicherern habe ich sogar meine Gebühren erstattet bekommen, von einem leider bis heute nicht. – Das ist das Lehrgeld, welches ich zahlen musste.
Fazit
Pass auf, wem du vertraust. Lasse dich auf keinen Fall von Versicherungsmaklern oder “Vermögensberatern” lenken. Entscheide selbst, welche Verträge du abschließt und lass dich nicht beeinflussen. Auch ein Riester-Vertrag kann sinnvoll sein, je nachdem welche Ziele du im Leben hast. Meistens ist es jedoch langfristig zu teuer und zu unflexibel. Wenn du nicht bis 67 warten möchtest, sondern ggf. auch früher aufhören möchtest zu arbeiten, außerdem jederzeit Entscheiden möchtest, was mit deinem Geld passiert, dann lass es!
Investiere in deine Bildung, anschließend investiere selbst in Vermögenswerte. Nur das bietet die die Flexibilität und Chancen, die du verdienst.