Wasserstoff – meine Einschätzung

Wasserstoff – ein Begriff der in den letzten Monaten massiv durch die Medien ging. Firmen, egal ob profitabel oder nicht, wurden an der Börse extrem gehyped, sofern sie mit Wasserstoff zu tun hatten. Egal ob es dabei um die Produktion von Wasserstoff, Wasserstoff Autos oder ähnlichem ging – alle hatten eins gemeinsam: Sie wurden gekauft.
Schon seit längerem sieht es allerdings rund um Wasserstoff nicht mehr so euphorisch aus, wie es noch zuvor war. Einige Werte sind Korrigiert oder gar gecrasht. In diesem Beitrag möchte ich dir meine Sichtweise zu dem Thema Wasserstoff darlegen.

Wasserstoff als Energiespeicher halte ich für eine interessante Möglichkeit, doch ist die Technologie dahinter wirklich so gut?
Bei der Produktion von Batterien werden viele seltene Erden benötigt, die uns irgendwann ausgehen und nur sehr schwer recyclebar sind. Außerdem wird für die Batterieproduktion als solches bereits einie riesige Menge Energie benötigt. Bei deinem iPhone mag es noch nicht so viel aus machen, doch reden wir von Elektromobilität, reden wir von enormen Energiemengen. Da ein Fahrzeug genug Platz für eine Brennstoffzelle und einen Wasserstoff Tank bietet, liegt die Idee von Elektromobilität mit Wasserstoff als Energiespeicher gar nicht so fern.

Tatsächlich gibt es bereits Fahrzeuge, die mit einer Wasserstoff Brennstoffzelle Energie erzeugen. Das sind dann sogenannte Wasserstoff Autos – wenn auch der Motor selbst nicht mit einem Wasserstoff Motor angetrieben wird. Die Brennstoffzelle erzeugt Strom, der in einer deutlich kleineren Batterie als bei einem “konventionellen” Elektroauto, zwischengespeichert wird. Dieser stellt die Energie für den Elektromotor bereit. Die Vorteile liegen auf der Hand: Schnellerer Tank/Ladevorgang, höhere Reichweite, sowie geringerer Energieverbrauch bzw. Verbrauch von seltenen Erden, da eine deutlich kleinere Batterie verbaut wird. Leider ist dies auch mit erheblichen Nachteilen verbunden:
Der Wasserstofftank steht unter erheblichem Druck. Da dies ein hochexplosives Gas ist, besteht hier in meinen Augen ein erhebliches Risiko. Benzin und Diesel brennen zwar, explodieren aber nicht wie Wasserstoff. Wenn man also einen Unfall mit einem Wasserstoffauto hat, besteht hier die Gefahr der Explosion. Da möchte ich persönlich nicht drin sitzen. Andererseits möchte ich das Argument auch gleich wieder entkräften, da ähnliches für ein Elektroauto gilt. Habt ihr schonmal eine Batterie gesehen, die deformiert/demoliert wird, und sich anschließend entzündet? Die Feuerwehren haben bereits öfters Löschversuche bei Elektroautos gestartet, oft wurden die Fahrzeuge einfach zum “ausbrennen” stehen gelassen. Es ist sehr schwierig den Brand eines Elektroautos zu löschen. Außerdem entstehen dabei durch die Bestandteile der Batterie extrem giftige Gase.
Zudem müsste eine entsprechende Tankinfrastruktur geschaffen werden. Das ist für Elektrofahrzeuge deutlich einfacher, zumal die Ladeinfrastruktur bereits in weiten Teilen vorhanden ist. Strom gibt es überall, man muss nur die entsprechenden Ladesäulen platzieren. Bei Wasserstoff sieht das schwieriger aus. Hier müssen neue Tankstellen gebaut bzw. erweitert werden. Entweder müssen entsprechende Pipelines/Rohe gebaut werden, oder auch unterirdische Tanks wie bei Benzin und Diesel. Dies unterliegt außerdem strengen Sicherheitsvorschriften und ist somit teurer, als die Platzierung von Ladesäulen für Elektroautos.
Des Weiteren ist die Produktion von Wasserstoff noch nicht sehr effizient. Sowohl bei der Produktion vom Wasserstoff aus Strom, als auch bei der Produktion von Strom aus Wasserstoff hat man erhebliche Verluste – ein schlechter Wirkungsgrad. Man müsste versuchen diesen Wirkungsgrad zu verbessern. Außerdem sollte Wasserstoff zukünftig dort hergestellt werden, wo regenerative Energie im Überfluss erzeugt wird.

Doch wo liegt der Unterschied zum Batterieelektrischen Auto? In meinen Augen nur im Wirkungsgrad und der Lade/Tankinfrastruktur sowie den Anschaffungskosten. Batterieelektrische Autos sind bereits in höherem Volumen auf den Straßen, sodass die Unternehmen ein höheres Interesse an dem Bau von Ladeinfrastruktur haben. Batterieelektrische Autos haben sich unter anderem aufgrund der hohen staatlichen Förderungen bereits durchgesetzt. Dagegen hat es ein Wasserstoff Auto relativ schwer. Zwar halte ich die Technologie als solches insgesamt für umweltfreundlicher, doch müsste hier zunächst noch weiter geforscht werden. Außerdem bedarf es der staatlichen Förderung in der Anschaffung.

Aktuell sieht es nach meiner Recherche danach aus, als wäre dies nicht so schnell der Fall. Es gibt auch alternative Projekte, zum Beispiel mit Methanol. Dabei ist der entscheidende Vorteil, dass dieses nicht wie Wasserstoff unter Druck in Gasform getankt werden muss, sondern flüssig getankt und gelagert wird. Ich halte diese Projekte für revolutionär und eine tolle Idee. Zwar ist der Wirkungsgrad noch schlechter als der einer Batterie, doch werden dabei keine seltenen Erden benötigt. Allerdings sieht es schwer danach aus, als würden diese Projekte von den großen Unternehmen und auch von den Staaten ignoriert. Man will das schlicht und ergreifend nicht. Zwar halte ich das persönlich für sehr Schade, da wir hier erhebliches Potenzial vergessen, doch muss ich das in meine Investmentstrategie mit einbauen.

Aufgrund der starken Dominanz von batterieelektrischen Fahrzeugen halte ich die Wahrscheinlichkeit einer Wendung hin zu Wasserstoff betriebenen Fahrzeugen für eher gering – zumindest in den nächsten 10 Jahren. Gleichzeitig schätze ich die Relevanz von Verbrennern noch relativ hoch ein. Das liegt daran, dass die Erzeugung von Batterien extrem schmutzig ist. Außerdem ist unser Energiemix noch weit von einer Dominanz der erneuerbaren Energien entfernt. Aufgrund dieser Tatsachen bezeichne ich Elektroautos als schmutzig! Es ist keine Verhinderung von Emissionen, sondern nur eine Verlagerung. Zwar finden diese nicht mehr in den Innenstädten statt, sondern an den Orten wo die Batteriefabriken oder Kohlekraftwerke stehen. Dies ist genauso Umweltverschmutzung und wird uns langfristig schaden. Dennoch geht der Trend in Richtung Elektromobilität. Wir können es nicht aufhalten. Ich als Privatanleger werde deswegen versuchen dies in meine Investmententscheidungen einfließen zu lassen.

Ursprünglich hatte ich aufgrund des Wasserstoff-Hypes “Linde” in mein Depot geholt. Linde produziert viele Gase und Edelgase, darunter auch Wasserstoff. Da man hier schon Erfahrung hat, wäre die Produktion in größeren Mengen sicher nur eine kleine Herausforderung gewesen. Man könnte mit diesem Unternehmen also vom Wasserstoff-Trend profitieren, während das Risiko etwas geringer ist, da man eine gewisse Streuung hat. Es ist nunmal nicht ausschließlich auf Wasserstoff fokussiert.
Dennoch habe ich mich nun entschieden meine Aktien von Linde zu verkaufen, da ich für mich der Meinung bin, dass Wasserstoff in den nächsten 10 Jahren noch keine große Rolle spielen wird – zumindest nicht so groß wie oft einige Marktteilnehmer der Meinung sind.
Ich habe das Geld aus dem Verkauf von Linde (mit 6% Gewinn) nun in Shell Aktien investiert, da ich hier noch deutliches Kurspotenzial gesehen habe. Außerdem möchte ich langfristig noch von den Dividenden profitieren. Aktuell ist der Ölpreis recht hoch, während die Bewertung von Shell in meinen Augen noch fair erschien.

Ich möchte dir also damit raten: Denkt nach und recherchiert, bevor ihr auf einen Hype-Train aufspringt. Oft ist der Zug bereits abgefahren, und ihr kauft auf dem Höchststand.