Unilever – Solider Dividendenlieferant oder strukturell unter Druck?

Position im Depot:
83,84 Stück im Bestand, Einstandskurs Ø 47,18 €, aktueller Kurs 52,11 €, Buchgewinn: +10,46 %
Dividendenrendite auf Einstand: ca. 3,7 % brutto


Kurzprofil: Wer ist Unilever eigentlich?

Unilever ist einer der größten Konsumgüterkonzerne der Welt. Ob Dove, Magnum, Knorr, Ben & Jerry’s, Domestos oder Hellmann’s – jeder von uns hat täglich mit ihren Produkten zu tun. Das Unternehmen ist weltweit aktiv, besonders stark in Schwellenländern (rund 60 % des Umsatzes!) und erwirtschaftet jährlich rund 60 Mrd. Euro Umsatz mit fünf Hauptsegmenten:

  • Beauty & Wellbeing (z. B. Vaseline, Clear, Nutrafol)
  • Personal Care (Rexona, Axe, Dove)
  • Home Care (Domestos, Cif, Omo)
  • Nutrition (Knorr, Hellmann’s, The Vegetarian Butcher)
  • Ice Cream (Langnese, Ben & Jerry’s, Magnum)

Zahlen & Fakten: Solide – aber ohne Glanz

Unilever wächst organisch stabil – meist zwischen 3–5 % p. a., zuletzt viel durch Preiserhöhungen. Das Mengenwachstum war dagegen leicht rückläufig – Konsumenten sind sensibler geworden.

KennzahlWert 2023Tendenz
Umsatz59,6 Mrd. €+7 % organisch
EBIT-Marge16,7 %leicht verbessert
Nettogewinn7,1 Mrd. €rückläufig ggü. 2022
Free Cashflow7,1 Mrd. €stark verbessert
Dividende1,73 €/Aktiestabil steigend
Ausschüttungsquoteca. 70–75 %hoch
Netto-Verschuldung/EBITDA~2,1×moderat

Stärken:

  • Cashflow-stark & zuverlässig
  • Dividende seit Jahren stabil und leicht steigend
  • Breite Streuung der Marken & Regionen

Schwächen:

  • Kaum Volumenwachstum
  • Preiserhöhungen kosten Marktanteile
  • Geringe Eigenkapitalquote (~30 %)

Bewertung: Fair bis leicht unterbewertet

Das konservative DCF-Modell ergibt einen fairen Wert von ca. 40 € pro Aktie. Am Markt steht Unilever (ULVR) aktuell bei ca. 52 €, was aber inkl. Währungseffekte und Dividende nicht überzogen ist.

BewertungskennzahlWert
KGV (2024e)ca. 19–20
EV/EBITDAca. 13–14
Dividendenrendite3,3 %

Im Vergleich zur Konkurrenz (z. B. Procter & Gamble, Nestlé) wirkt Unilever leicht günstiger, aber auch weniger wachstumsstark. Die Dividende ist überdurchschnittlich, was den Kurs stützt.


Markt & Makro: Solide Basis – mit Fragezeichen

🔸 Konsumgüterbranche:

  • Stabil, aber gesättigt in Europa & USA
  • Wachstum kommt aus Schwellenländern
  • Handelsmarken setzen Markenartikeln zu

🔸 Geopolitik:

  • Russland-Geschäft verkauft (wegen Ukraine-Krieg)
  • Währungsrisiken durch EM stark vorhanden
  • Afrika & Indien bieten große Chancen, aber auch politische Risiken

🔸 Inflation & Zinsen:

  • Kosteninflation abgeflaut → Marge erholt sich
  • Zinshöhe hat kaum Einfluss auf die Finanzierung
  • Bewertung leidet unter dem „Zinsregime“

Konkurrenz: Der ewige Kampf um das Badezimmerregal

Unilever steht in fast allen Bereichen im direkten Wettbewerb mit den ganz Großen der Branche – allen voran:

  • Procter & Gamble (P&G): Der US-Riese ist in vielen Kernbereichen sogar stärker aufgestellt als Unilever – z. B. bei Waschmitteln, Windeln, Rasur oder Haarpflege (Head & Shoulders, Ariel, Pampers, Gillette). P&G hat das fokussiertere Portfolio und ist in den USA Marktführer. Unilevers Vorteil liegt eher in den Schwellenländern, P&G punktet mit brutaler Effizienz in den reifen Märkten.
  • Nestlé: Der Schweizer Riese ist vor allem im Food-Bereich der schärfste Konkurrent – Maggi gegen Knorr, KitKat gegen Ben & Jerry’s (wenn man Snacks und Eiscreme mal gegenüberstellt). Nestlé ist breiter aufgestellt (Kaffee, Tiernahrung, Wasser) und tendenziell profitabler. Unilever hat sich hier durch Abspaltungen (z. B. Tee) etwas verschlankt – was Effizienz, aber auch weniger Breite bedeutet.
  • Colgate-Palmolive: Zahnpasta, Seifen, Haushaltsreiniger – überall dort, wo’s im Regal nach Palmolive oder Colgate aussieht, steht Unilever mit Signal, Dove oder Domestos daneben. Besonders in EMs wie Indien sind die Kämpfe um Marktanteile teils erbittert.
  • L’Oréal: Im Beauty-Segment ist Unilever eher die Mittelklasse-Marke, L’Oréal regiert das Premium-Reich. Hautpflege, Make-up, Haarfarben – hier ist L’Oréal meist vorne. Unilever versucht durch Zukäufe (z. B. Paula’s Choice) aufzuholen, bleibt aber meist in der „breiten Masse“ verhaftet.
  • Reckitt Benckiser & Henkel: Vor allem im Home Care-Bereich direkt vergleichbar – Finish, Calgon, Sagrotan (Reckitt) vs. Domestos, Cif, Sunlight (Unilever). Henkel mit Persil, Pril und Schwarzkopf ist in Europa stark, global aber weniger durchdrungen.

Was auffällt: Fast alle Konkurrenten sind entweder fokussierter (z. B. P&G, Colgate) oder noch breiter diversifiziert (Nestlé). Unilever ist irgendwo dazwischen – was gleichzeitig Stabilität bietet, aber auch strategische Klarheit kostet.

Der Markt bleibt hart umkämpft – Eigenmarken von Aldi, Lidl & Co. sind ebenfalls auf dem Vormarsch. Der Preiskampf ist real – gerade in Zeiten hoher Inflation. Marken müssen sich den Platz im Regal neu verdienen. Unilever hat die Power dafür, aber nicht mehr das Monopol auf Qualität.


⚔️ Chancen & Risiken auf einen Blick

ChancenRisiken
Schwellenländer: Bevölkerungswachstum & Aufstieg der MittelschichtWettbewerbsdruck durch Eigenmarken & lokale Player
Starke Marken mit Preissetzungsmacht (z. B. Dove, Knorr)Rückläufige Volumen bei zu starken Preissteigerungen
Nachhaltigkeitsfokus & ESG-KompetenzRegulatorische Auflagen, z. B. Plastik, Zuckersteuern
M&A & PortfoliooptimierungImage-Risiken bei politischen Themen (z. B. Russland-Kritik)

💡 Mein Fazit (Stand Juli 2025)

Unilever ist der klassische Dividendenwert für defensive Anleger. Kein Highflyer, kein Disruptor, aber ein solider Baustein im Depot. Gerade in einem volatilen Marktumfeld bietet Unilever Planbarkeit: Cashflows, Dividende und Geschäft sind robust. Die jüngsten Restrukturierungen unter dem neuen CEO zeigen Wirkung – die Margen stabilisieren sich, Portfolio wird gestrafft, Innovationen kommen langsam in Fahrt.

Was mir gefällt:

  • Global aufgestellt, besonders stark in Schwellenländern
  • Hohe Markenbekanntheit und „Zahnpasta-im-Badezimmerschrank“-Faktor
  • Attraktive Dividendenrendite >3 %, fast wie ein Zinsersatz

Was mir weniger gefällt:

  • Die Wachstumsstory ist limitiert
  • Margen könnten unter anhaltendem Preisdruck leiden
  • Abhängigkeit von Rohstoffpreisen & Inflation

📦 Was tun mit Unilever im Depot?

✅ Halten
Die Position ist im Plus, liefert Dividenden und ist grundsolide. Für ein langfristiges Basisinvestment absolut sinnvoll.

➕ Sparplan sinnvoll?
Ja, für Dividendenstrategie oder defensive Beimischung. Kein Wachstumsmonster, aber wer Cashflow liebt, wird Unilever schätzen.

⛔ Nachkaufen?
Nur selektiv. Der Kurs ist nicht unterbewertet, aber okay. Wer noch keine Unilever hat, kann bei Kursschwäche (unter 50 €) aufbauen.

❌ Verkaufen?
Nur bei fundamentalem Bruch. Aktuell gibt’s keinen Grund dazu.


Bewertung (SteFinanz-Ampel)

KriteriumEinschätzung
Wachstum🟡 (mäßig)
Bilanzqualität🟢 (solide)
Dividendenqualität🟢 (sehr gut)
Bewertung🟡 (fair)
Wettbewerbsvorteile🟢 (Marken)
Risiko-Exposure🟡 (EM & Währung)

Dein Call to Action

Unilever ist kein Unternehmen, das dich morgen reich macht. Aber vielleicht eins, das dir über die nächsten 10–15 Jahre verlässlich 3–4 % Dividende im Jahr liefert, bei moderatem Wachstum und stabiler Substanz.

👉 Halteposition mit Potenzial für Sparplan – besonders geeignet für Dividendenliebhaber, Weltmarkt-Fans und Anleger, die ruhiger schlafen wollen.

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